Lexikon
Geschichte Baden+Württemberg:
 Konstanzer 
Konzil (1414 - 1418) 
und Konzilsgeschichte 
(325 - 1962)| 
Das 
Konstanzer Konzil im Kontext der Konzilsgeschichte: Überblick über die 21 "Ökumenischen" Konzile (von 325 - 1962) Übersicht über diese Spalte: 
 [Bild (Marke BRD 2012): 50 Jahre Beginn des 2. Vatikanischen Konzils 1962; die 4 wichtigsten Konstitutionen des 2. Vaticanischen Konzils: "GAUDIUM ET SPES" (über die Existenz in der gegenwärtigen Welt), "LUMEN GENTIUM" (über ein erneuertes Verständnis als Kirche), "SACROSANCTUM CONCILIUM" (über die volkssprachliche Feier des Gottesdienstes), "DEI VERBUM" (über die biblische Offenbarung Gottes)] A. Einleitung zum 
Überblick über die Konzilsgeschichte: B. Die 8 Ökumenischen Konzilien des Altertums und Frühmittelalters von 325 - 870: 1. Erstes Konzil von Nicaea, 
325 n.Chr.:   2. Erstes Konzil von Konstantinopel, 381 n.Chr.: 3. Konzil von Ephesus, 431 n.Chr.: 4. Konzil von Chalcedon, 451 n.Chr.: 5. Zweites Konzil von Konstantinopel, 553 n.Chr.: 6. Drittes Konzil von Konstantinopel, 680 - 681 n.Chr.: 7. Zweites Konzil von Nicaea, 787 n.Chr.: 8. Viertes Konzil von Konstantinopel, 869 - 870 n.Chr.:  | 
Das 
Konstanzer Konzil im Kontext der Konzilsgeschichte: Überblick über das Konstanzer Konzil (von 1414 - 1418)  Übersicht 
über diese Spalte:
I. Einleitung zum Konstanzer Konzil (1414 - 1418) [Bild (Foto Ebener): Siegel der Stadt Konstanz, Gedenkstein an einer Wand in Konstanz] I. Einleitung zum Konstanzer Konzil (1414 - 1418) Das Konstanzer Konzil ist das einzige der großen 
Kirchen-Konzilien, das im Gebiet des heutigen Deutschland stattfindet (und 
natürlich auch das einzige im Gebiet des heutigen Baden-Württemberg). Und es ist 
die von der Besucherzahl her größte Versammlung kirchlicher (und weltlicher) 
Würdenträger vom ersten Konzil im Jahr 325 bis zum Ende des Mittelalters. (Nach 
Schätzungen waren etwa 20.000 - 30.000 Menschen im Zusammenhang mit dem Konzil in 
Konstanz, einschließlich der vielen Menschen mit Versorgungsdiensten, allerdings 
nicht immer zur gleichen Zeit.) Und das bei der kleinen Reichsstadt Konstanz, 
die damals vermutlich nur 6000 bis 8000 Bürger hatte. Das war auch eine 
unglaubliche logistische Herausforderung, die Konstanz offenbar sehr gut 
gemeistert hat. Warum findet das Konzil in der kleinen Reichsstadt Konstanz statt? - König Sigismund, der das Konzil zuerst einberief und die Wahl des Ortes maßgeblich bestimmte, plante ein Konzil an einem für die beteiligten Länder zentralen und gut erreichbaren Ort, und dazu bot sich Konstanz von der Lage her an (wie bei früheren Konzilien Lyon und später Basel). Außerdem wollte Sigismund das Konzil in seinem Herrschaftsbereich durchführen, auch um in der Frage der Hussiten handlungsfähig zu sein. Konstanz legte sich auch nahe, weil im Zusammenhang mit Konstanz schon manche politischen Entscheidungen getroffen worden waren (z.B. der Vertrag Friedrich Barbarossas mit den Lombardischen Städten 1183). Und: Konstanz war eine Bischofsstadt, wohl schon seit dem 6. Jahrhundert. II. Vorgeschichte des Konstanzer Konzils Konzilien als Versammlungen kirchlicher und anderer Würdenträger waren schon seit 325 übliche Versammlungen zur theologischen und kirchenpolitischen Meinungsbildung- und Entscheidungsfindung (s. die Übersicht in der linken Spalte). In der Zeit vor dem Konstanzer Konzil hatte sich allerdings, auch befördert durch die Papst-Schismen, die Konzeption des Konziliarismus entwickelt, womit gemeint ist dass nicht ein Papst sondern ein Konzil die eigentlich wichtigen Entscheidungen trifft und dass dem auch der Papst untergeordnet ist. Diese Position, die oft auf Marsilius von Padua zurückgeführt wird, hat das Selbstbewusstsein und die Entscheidungen der Konzilsmitglieder bestimmt, und sie haben dies auch noch einmal während des Konzils in einem eigenen Dekret festgehalten. (Dass diese Sicht des Konziliarismus in der Fortsetzung der Geschichte der katholischen Kirche nicht beibehalten wurde, sondern etwa mit dem Unfehlbarkeitsdogma des Papstes seit 1870 ganz anders die Akzente gesetzt wurden, ist aber deutlich.) Zur 
Vorgeschichte gehört das große  Papst-Schisma seit 1378: Nach dem Tod von 
Kaiser Karl IV. im Jahr 1378 gab es neben dem römischen Papst einen Papst, 
der in Avignon lebte. Diese beiden Päpste zerrissen die Christenheit: Jede 
Gemeinde, jeder Bischof, jedes Kloster, jeder Fürst musste entscheiden zu welchem 
Papst er gehörte (Oboedienz), auch wohin Geld abzuführen ist. - In einem kleinen 
Konzil in Pisa, das später als schismatisch abgelehnt wurde, sollten die beiden 
Päpste abgesetzt werden und dafür als neuer Papst Johannes XXIII. eingesetzt 
werden. Aber die abgesetzten Päpste akzeptierten ihre Absetzung nicht. Damit gab 
es nebeneinander 3 Päpste. Ein anderer Aspekt 
der Vorgeschichte war das Auftreten des böhmischen Theologen  
Johannes Hus, 
der seit seiner ersten Predigt in der Bethlehemkirche in Prag im Jahr 1402 eine 
an der radikalen kritischen Theologie des englischen Theologen John Wiclif 
orientierte Verkündigung begann, die in Böhmen zu einer großen reformatorischen 
Volksbewegung geführt hatte. Einige Schwerpunkte der für viele revolutionären 
Theologie und Predigt des Jan Hus waren:   | 
| 
C. Die Konzilien des Hoch- und Spätmittelalters 
von 1123 - 1442: 9. 
Erstes Laterankonzil, 1123 n.Chr.: 10. Zweites Laterankonzil, 1139 n.Chr.: 11. Drittes Laterankonzil, 1179 n.Chr.: 12. Viertes Laterankonzil, 1215 n.Chr.: 13. Erstes Konzil von Lyon, 1245 n.Chr.: 14. Zweites Konzil von Lyon, 1274 n.Chr.: 15. Konzil von Vienne, 1311 - 1312 n.Chr.: 16. Konzil von Konstanz, 1414 - 1418 n.Chr.: 17. Konzil von Basel, 1431 - 1437 n.Chr., 
Fortsetzung in Ferrara und Florenz bis 1442):  | 
 III. Verfahrensweisen beim Konzil Das Konzil wurde zunächst durch König Sigismund zum Herbst 1414 nach Konstanz einberufen, danach auch von Papst Johannes XXIII. Eingeladen wurden Kardinäle, Bischöfe, Äbte u.a. Geistliche, jeweils mit Vertretern und geistlichen Beratern, aber auch Könige, Fürsten und andere weltliche Herren mit Vertretern und Beratern. 
 [Bild (Foto Ebener): Das große "Konzilsgebäude" am Konstanzer Hafen, eine umgebaute Kaufhalle, in dem die Papstwahl beim Konzil stattfand.] Die Konzilsteilnehmer 
versammelten sich in Untergruppen nach "Nationen", in denen die Themen des 
Konzils vordiskutiert wurden und die meist in Klostergebäuden tagten. Durch 
diese Gruppen war das Konzil ein großartiges Diskussionsforum.  IV. Teilnehmer am Konzil und seinem Umfeld: - Von den 30.000 Personen, die in den 4 Konzilsjahren in Konstanz waren, waren natürlich die wichtigsten die Kardinäle, Bischöfe, Prälaten und andere leitende Geistliche und die weltlichen Herren aus allen beteiligten Ländern: an der Spitze König Sigismund, dann die anderen Könige und Fürsten. - 
Die Mitarbeiter und Angestellten der Konzilsdelegierten, die Gelehrten und 
Berater, waren eine weitere große Gruppe. [Bild (Marke Österreich 1977): Oswald von Wolkenstein, 1377 - 1445; Abbildung des einäugigen Oswald von Wolkenstein, der auf Schärpe und Gewand bekleidet ist mit den Zeichen des "Kannenordens", der ihm in Spanien verliehen wurde] 
- Eine große Zahl der Gelehrten und Berater waren 
 
Humanistische Gelehrte meist aus Italien, die im Gefolge der Päpste und 
mancher Kardinäle zum Konzil kamen und hier ein großes Forum für ihre 
humanistischen Ideen hatten. Einige Namen: Leonardo Bruni war eine 
zentrale Gestalt der Humanistengruppe in Florenz; Manuel Chrysoloras aus 
Konstantinopel, der vor der Bedrohung durch die Osmanen nach Italien geflohen 
war und den Humanisten in Italien die Tradition der Griechen gebracht hatte, und 
der 1415 in Konstanz gestorben und begraben ist; und Poggio Bracciolini 
(s. unten). - Eine große Zahl machten natürlich die Versorgungsdienste aus: Händler, Wirte, Köche, sicher auch Ärzte u.Ä. - Richental beschreibt in seiner Konzils-Chronik auch einiges zur Logistik des Konzils in Konstanz: Als das Konzil anfing, kamen viele Händler usw. in die Stadt. Auf jedem freien Platz schlugen sie ihre Zelte auf, eröffneten Läden und Wirtshäuser. Und manche Mitarbeiter konnten nur in umliegenden Gemeinden eine Unterkunft finden. 
 [Bild (Foto Ebener): "Imperia"-Skulptur im Konstanzer Hafen, mit Kaiser und Papst in ihren Händen.]  | 
| D. 
Die Konzilien der Neuzeit von 1512 - 1962: 18. 
Fünftes Laterankonzil, 1512 - 1517 n.Chr.: 19. Konzil von Trient, 1545 - 1563 n.Chr.,
mit Tagungsperiode 1547 in Bologna: 
20. Erstes Vatikanisches Konzil, 1869 bis 1870 n.Chr.: 
21. Zweites Vatikanisches Konzil, 1962 - 1965  
n.Chr.: [Bild (Marke BRD 2012): 50 Jahre Beginn des 2. Vatikanischen Konzils 1962; die 4 wichtigsten Konstitutionen des Konzils: "GAUDIUM ET SPES" (über die Existenz in der gegenwärtigen Welt), "LUMEN GENTIUM" (über ein erneuertes Verständnis als Kirche), "SACROSANCTUM CONCILIUM" (über die volkssprachliche Feier des Gottesdienstes), "DEI VERBUM" (über die biblische Offenbarung Gottes)]  | 
V: 
Causa unionis: Die Lösung des Papstschismas 
- In der 5. Sitzung des Konzils, am 6.4.1415, wurde 
das Dekret "Haec Sancta Synodus" beschlossen (Überordnung des Konzils 
auch über den Papst). - Der Papst in Avignon, Benedikt XIII., will lange nicht zurücktreten; erst 1417 wird ein Absetzungsprozess vom Konzil gegen ihn durchgeführt. - Am 11. November 1417 wählen die Kardinäle und 
einige Vertreter der "Nationen" bei der Konklave im Konzilsgebäude den Italiener 
Otto Colonna als neuen Papst, der als Papst Martin V. von 1417 - 1431 regiert. .VI. Causa fidei: Der "Prozess" gegen Johannes Hus: 
Das 2. Hauptthema beim Konstanzer Konzil war die 
Frage der reinen Lehre, die causa fidei. Diese Frage war besonders drängend 
durch die Predigt des böhmischen Theologen Jan Hus (s. 
oben). 
[Bild
(Marke CSFR, 1952): Tschechische Gedenkmarke für Jan Hus, Erinnerung an die erste Verkündigung der Hussitenlehre 
im Jahr 1402 in der Bethlehemskapelle
in Prag; Portrait des böhmischen Theologen Johannes Hus] Ganz anders in Böhmen, wo Jan Hus als Märtyrer für den rechten Glauben gesehen wurde und sein Tod mit einem einmütigen Aufschrei der Empörung beantwortet wurde. Die blutigen Hussitenkriege, die auch die verschiedenen Gruppen in Böhmen spaltete, bestimmten dort das ganze 15. Jahrhundert. VII. Causa reformationis: Weitere Beschlüsse des Konzils: 
Zu den vielen drängenden Problemen einer 
Kirchenreform (z.B. das Pfründenwesen bei den Pfarrstellen) gab es beim Konzil 
zwar eine Reihe von Theologenentwürfen, es kam aber kaum zu gemeinsamen 
Beschlüssen, die für alle Nationen verbindlich gewesen wären.  | 
| E. Literaturhinweise und 
Quellenangaben zur Konzilsgeschichte: Hubert Jedin: Kleine Konzilsgeschichte. Die zwanzig Ökumenischen Konzilien im Rahmen der Kirchengeschichte. Herder-Bücherei, 1959 Heribert Müller: Die kirchliche Krise des späten Mittelalters. Schisma, Konziliarismus und Konzilien. Oldenbourg-Verlag, 2012  | 
VIII. Literaturhinweise zum Konstanzer 
Konzil: Dokumente zum Konstanzer Konzil, vor allem aus der Konzils-Chronik des Ulrich von Richental, u.a., sind wiedergegeben in dem von J.M.Moeglin und R.A.Müller herausgegebenen Reclam-Band: Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung, Band 2, Spätmitelalter 1250-1495, Kapitel 36: Das Konzil zu Konstanz, S. 295ff. - Reclam-Verlag 2000 Alexander Patschovsky: Der italienische Humanismus auf dem Konstanzer Konzil (1414 - 1418). Konstanzer Universitätsreden, UVK Universitätsverlag Konstanz 1999 Klaus Schelle: Das Konstanzer Konzil 1414 - 1418. Eine Reichsstadt im Brennpunkt europäischer Politik. Verlag Stadler, 2. Aufl. 2010 Stephen Greenblatt: Die Wende - Wie die Renaissance begann. Siedler-Verlag, deutsch 2012  | 
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