| Industrialisierung
und Wirtschaft in Baden und Württemberg
im 19. und 20. Jahrhundert
 Übersicht in einigen
Daten:
(Industriegründungen,
innovative Erfindungen; Landwirtschaft; Handel; Verkehr, Energie, Geld,
Bevölkerungsentwicklung, Qualifikation; Soziale Frage; weitere Rahmenbedingungen)
 
 Gliederung:
 
 1. Entwicklung bis zum 19. 
Jahrhundert: Handwerk und Gewerbe
 2. 19. Jahrhundert I: 
Beginn der Industrialisierung
 3. 19. Jahrhundert II: 
Hauptphase der Industrialisierung ab 1850
 4. 20. Jahrhundert I: Hochindustrialisierung und 
Krisen
 5. 20. Jahrhundert II: Wiederaufbau und 
Globalisierung
 6. Große Industriekonzerne in Baden-Württemberg 
(Stand: 2003)
 
7. Weitere Web-Informationen
 
| 1618-1648 Dreißigjähriger
Krieg |  1. Entwicklung
bis zum 19. Jahrhundert: 
Handwerkliche Produktion,
Kleingewerbe und Manufakturen
 1650 Calwer (Woll-)Zeughandelskompanie
gegründet
 1720ff Uhrenherstellung (Kuckucksuhren)
im Schwarzwald
 
 1758 Dekret zur Ludwigsburger
Porzellanmanufaktur 1767
Schmuck-und Uhrenindustrie Pforzheim durch
Edikt gegründet
 1770 Erfindung der Neigungswaage
durch P.M.Hahn; Beginn der Fertigung von Präzisionswaagen
im Zollern-Alb-Kreis
 
 [Bild (Briefmarke BRD,1992): 225 Jahre 
Gründung der Schmuck- und Uhrenindustrie Pforzheim durch Edikt von Markgraf
Karl Friedrich von Baden; 
Abbildung eines Anhängerss von 1890 und einer Uhr von 1990]
 [Entwurf der Briefmarke: Annegret Ehmke]
 
 
 
 
 
 2. 19.
Jahrhundert I: Beginn der Industrialisierung.
 Schwerpunkte: Textilverarbeitung,
Papiermaschinen
 
 
| 1806 Großherzogtum
Baden + Königreich Württemberg |  1809 Erste mechan.Spinnerei
Badens in St. Blasien gegründet
 1810 Carl Bookshammer bringt
die erste englische Spinnmaschine nach Württemberg (Berg/Stuttgart)
1816/1817 Mißernten
und Hungerjahre; Auswanderung
 1817 Gründung der Zentralleitung
für Wohltätigkeit
 1817ff Industrieschulen
in Südwestdeutschland gegründet
 1817 Laufrad Draisine
durch C. Drais/Karlsruhe erfunden
 1817 - 1866: Rheinkorrektur;
Rhein wird besser schiffbar
 1818 Landwirtschaftliches
Hauptfest in Cannstatt gestiftet
 1818 Gründung des Landwirtschaftlichen
Instituts
Hohenheim
 1822 Uhrenfabrik Kienzle
in Schwenningen gegründet
1824 Erstes Dampfschiff
("Wilhelm") auf dem Bodensee
 1824 Zollvertrag Württembergs
und Hohenzollerns
 1825 Älteste technische
Hochschule Deutschlands in Karlsruhe gegründet (Polytechnikum)
 1826 Erste mechan. Baumwollweberei
Südwestdeutschlands in Heidenheim
 1828 Zollverein mit Bayern
 1829 Gründung des Polytechnikums
Stuttgart
 1830 Zündholzfabrik
Kammerer
in Ludwigsburg
 1834/1835: Beitritt zum Deutschen
Zollverein
1837 Voith baut in Heidenheim
die erste Papiermaschine
 1837 Zuckerfabrik in Waghäusel
gegründet
 1838 Gesetz über den
Eisenbahnbau in Baden verabschiedet (Mannheim- Basel) (s. extra Seite "Eisenbahnen
in B.+Württ.")
 1841 Erste Dampfmaschine
in Württemberg
1843 - 1880 Bau der Staatseisenbahnen
in Württemberg
 1846 Erste Eisenbahnstrecke
in Württemberg eröffnet (Cannstatt-Ludwigsburg)
 
  1846
+ Friedrich List (Volkswirtschaftler) gestorben 
 [Bild (Briefmarke BRD, 1989): 
200. Geburtstag des Nationalökonomen und Wirtschaftspolitikers Friedrich List; 
Portrait von F.List, Eisenbahnzug des 19. Jhdt.][Entwurf der Briefmarke: Dieter von Andrian]
 
 1846 Maschinenfabrik Esslingen
(Lokomotivenbau Kessler) 
gegründet
 1848 Gründung der "Zentralstelle
für Handel und Gewerbe" in Württemberg mit Ferdinand
Steinbeis
 1848 Finanzkrise, Bankenkrise,
Firmenpleiten in Baden
 
 
| 1848/1849 Deutsche Nationalversammlung;
Revolution |  
 3. 19.
Jahrhundert II: Hauptphase der Industrialisierung.
 Schwerpunkt: Maschinenindustrie
 1853 Württ.Metallwarenfabrik
(WMF) in Geislingen gegründet
1855 F. Steinbeis
wird Leiter der Zenralstelle für Handel und Gewerbe
 1855 Gründung von Handels-
und Gewerbekammern in Stuttgart, Ulm, Heilbronn und Reutlingen
 1857 Hohner-Musikinstrumentenbau
in Trossingen begründet
 1859 Firma Märklin,
Spielzeugfabrik, in Göppingen gegründet
 1859 Landmaschinenfabrik
Lanz in
Mannheim gegründet
 1860 Erste Arbeiterbildungsvereine
1861 Uhrenfabrik Junghans
in Schramberg gegründet
 1862 Flügel- und Klavierfabrik
J.A.Pfeiffer
in Stuttgart gegründet
 1862 Einführung der
Gewerbefreiheit
 1863 Erste Gewerkschaft
in Baden
 1865 Badische Anilin- und
Sodafabrik (BASF) in Mannheim gegründet
 1867 Offiz. Gründungsdatum
der Firma Voith in Heidenheim
 
 1872 Mauser-Werke
(Waffenfabrik) in Oberndorf gegründet
1873 NSU
(Fahrradwerke) in Neckarsulm gegründet
 1877 Margarethe Steiff
eröffnet Filz-Näh-Geschäft in Giengen
 1883 Motorenfabrik Benz
& Cie in Mannheim gegründet
1883 Daimler-Motorenfabrik
in Cannstatt gegründet
 1886 Geburtsstunde des Automobils;
Benz, Daimler, Maybach
 1886 Robert Bosch
eröffnet feinmechan.Werkstatt in Stuttgart
 
 1891
Drehstromübertragung von Lauffen nach
Frankfurt [Bild (Briefmarke BRD, 1991): 
Drehstromübertragung vom Neckar- Kraftwerk Lauffen nach Frankfurt am Main: 
Energieübertragung, Elektrizität][Entwurf der Briefmarke: Paul Effert]
 
 1891 Salamander (Schuhfabrik)
in Kornwestheim gegründet
 1894/1885 Erstes europäisches
Flusskraftwerk zur Stromerzeugung in Rheinfelden
(Baden) am Hochrhein
 1895 Erstes Elektrizitätswerk
Württembergs in Ulm
 
 1897 Maggi,
Nahrungsmittelfirma, in Singen gegründet
 1899 C.H.Knorr,
Nahrungsmittelfirma, in Heilbronn gegründet
 
 
 4. 20.
Jahrhundert I: Hochindustrialisierung und Krisen
 Schwerpunkte: Fahrzeug-,
Luftfahrt- und Rüstungsindustrie; Elektroindustrie
 1900 Erster Zeppelin
startet bei Friedrichshafen
1902 Bosch
erfindet den elektrischen Magnetzünder
 1903 Fa. Steiff
(Teddybären und Co.) expandiert in Giengen
 1908 Luftschiffbau Zeppelin
in Friedrichshafen gegründet
 1909
Maybach-Motorenwerke
in Friedrichshafen gegründet
 1914 Flugzeugwerke Friedrichshafen
durch C. Dornier gegr.
 1919 Besetzung Badens durch
Frankreich
 
| 1923 Inflation und Einführung
der "Rentenmark" |  1923 - 1938: Neckarkanalisation
von Mannheim bis Heilbronn
1926 Fusion zur Daimler-Benz-AG
in Stuttgart
 1927 Hirth-Motoren-
GmbH in Stuttgart gegründet
 1931 Porsche-AG
(Autohersteller) in Stuttgart gegründet
 
| 1939-1945 Zweiter Weltkrieg |  
 5. 20.
Jahrhundert II: Wiederaufbau und Globalisierung der Wirtschaft.
 Weitere Schwerpunkte:
 Informationstechnologien
und Dienstleistungsbereich
 1948 Firma Zeiss
beginnt neu in Oberkochen
 1950 Heinkel-
Motorenwerke in Stuttgart gegründet
1952 IBM Deutschland: Entwicklungslabors
in Böblingen
 1968 Neckarkanalisation von
Heilbronn/ Stuttgart bis Plochingen
 1972 SAP (Softwarehersteller)
in Mannheim/Walldorf gegr.
 1998 Fusion zu Daimler-Chrysler
 
 
 6. 2003: Große Industriekonzerne
in Baden-Württemberg (Stand 2003)
 Eine Übersicht der 50
größten Industriekonzerne mit Geschäftsstandort in Baden-
Württemberg (Rangfolge nach Umsatz im Jahr 2003) enthält auch
eine ganze Reihe von Firmen, die auf Gründungen vor 100 oder 150 Jahren
zurückgehen, auch wenn sich die Firmenstruktur durch Kooperationen,
Beteiligungen, Zukäufe, Fusionen, Ausgründungen u.ä. sehr
verändert haben. 
Die Rangfolge (nach Umsatz
im Jahr 2003, wobei die Nr.1, Daimler-Chrysler, einen Umsatz von ca. 136
Mrd. €, ausweist, die Nr. 50, Agilent in Böblingen, einen Umsatz
von ca. 1 Mrd. €) ergibt folgendes Bild, das auch für die Standorte
und für die Branchen interessant ist:
 1. Daimler-Chrysler,
Stuttgart (Automobile u.a.)
2. Robert Bosch,
Stuttgart (Kfz-Zulieferer, Elektro)
 3. EnBW, Karlsruhe (Energie
u.a.)
 4. ZF, Friedrichshafen (Kfz-Zulieferer)
 5. SAP, Walldorf (Software)
 6. IBM Deutschland, Stuttgart/Berlin
(Computer)
 7. Heidelberger Zement,
Heidelberg (Bau)
 8. Röchling-Gruppe,
Mannheim (Elektro, Maschinenbau)
 9. Bilfinger & Berger,
Mannheim (Bau)
 10. Porsche,
Stuttgart (Automobil)
 11. Hewlett Packard, Böblingen
(Computer)
12. Südzucker, Mannheim
(Lebensmittel)
 13. Carl Zeiss
Stiftung, Heidenheim (Optik)
 14. Freudenberg, Weinheim
(Kfz-Zulieferer, Textil)
 15. Heidelberger Druckmaschinen,
Hd. (Maschinenbau)
 16. Mahle, Stuttgart (Kfz-Zulieferer)
 17. J.M.
Voith, Heidenheim (Maschinenbau)
 18. Behr, Stuttgart (Kfz-Zulieferer)
 19. Debitel, Stuttgart (Mobilfunk)
 20. ABB, Mannheim (Elektro,
Kraftwerksbau)
 21. Roche Deutschland, Grenzach-Whylen
(Pharma)
22. IWKA, Karlsruhe (Wehrtechnik,
Maschinenbau)
 23. Dürr, Stuttgart
(Anlagenbau)
 24. John Deere, Mannheim
(Fahrzeugbau)
 25. Burda, Offenburg/München
(Medien)
 26. Altana Pharma, Konstanz
(Pharma) Getrag, Ludwigsburg (Kfz-Zulieferer)
 27. Holtzbrink, Stuttgart
(Medien)
 28. Pfizer- Gruppe, Karlsruhe
(Pharma)
 29. Michelin, Karlsruhe
(Reifen)
 30. MVV, Mannheim (Energie,
Verkehr)
 31. M+W Zander, Stuttgart
(Gebäudetechnik)
32. Stihl, Waiblingen (Motorsägen,
Elektrogeräte)
 33. LUK- Gruppe, Bühl
(Kfz-Zulieferer)
 34. Iveco, Ulm (Fahrzeugbau)
 35. J. Eberspächer,
Stuttgart (Kfz-Zulieferer)
 36. Paul Hartmann, Heidenheim
(Hygieneartikel)
 37. Ed. Züblin, Stuttgart
(Bau)
 38. Trumpf, Ditzingen (Maschinenbau)
 38. Festo-Gruppe, Esslingen
(Pneumatik)
 40. Alcatel SEL, Stuttgart
(Elektronik)
 40. Merckle/ Ratiopharm,
Ulm (Pharma)
40. Wieland-Werke, Ulm (Metallverarbeitung)
 43. Mann + Hummel, Ludwigsburg
(Kfz-Zulieferer)
 44. Alcan Holdings Germany,
Singen (Aluminium)
 45. Campina, Heilbronn (Lebensmittel)
 46. Hugo Boss, Metzingen
(Textil)
 47. Fuchs Petrolub, Mannheim
(Schmierstoffe)
 48. Kärcher, Waiblingen
(Reinigungsgeräte)
 48. SEW Eurodrive, Bruchsal
(Antriebstechnik)
 50. Agilent, Böblingen
(Messtechnik)
 (Rangreihe der Spitzenreiter
nach der Stuttgarter Zeitung vom 31.7.2004)
 [Rangreihe der 20 größten
Handelsunternehmen: siehe
rechte Spalte]
 | Industrialisierung
und Wirtschaft in Baden und Württemberg
im 19. und 20. Jahrhundert
 Einige Entwicklungslinien
bis zur Gegenwart:
 Gliederung: 
8. Einleitung: Vom armen Agrarland zum 
Industriezentrum9. Anfänge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert
 10. Aufschwung der Industrie im Königreich Württemberg 
ab 1840
 11. Entwicklung im Großherzogtum Baden
 12. Industrialisierung im 20. Jahrhundert
 13. Große Handelsunternehmen in Baden-Württemberg 
(Stand: 2003)
 
14. Literaturhinweise 
8. Einleitung: Vom armen 
Agrarland zum Industriezentrum 
Baden-Württemberg gehört
heute zu den wohlhabendsten Regionen in Deutschland und zu den am stärksten
industrialisierten Ländern der Bundesrepublik.
 Diese Situation ist besonders
erstaunlich, wenn man die Lage im Großherzogtum Baden und im Königreich
Württemberg zu Beginn des 19. Jhdt. betrachtet: Beide Länder
gehörten damals zu den sehr armen Ländern in Europa. Die Länder
waren überwiegend von der Landwirtschaft geprägt (wobei die meist
vorherrschende Realteilung nur kleine und unrentable Bauernhöfe erlaubte);
es gab nur kleine Städte; Bodenschätze waren kaum vorhanden (siehe
dazu noch das Lied "Preisend mit viel schönen
Reden"); die großen Verkehrs- und Handelsstraßen liefen
anderswo. Dazu war wenigstens Württemberg durch seine prachtliebenden
Herzöge und die vielen Kriege ausgepowert. 
 In der linken Spalte sind
einige Daten zur Entwicklung, zur Gründung der wichtigsten Industrien
usw. zusammengestellt.
 Hier finden sich einige Anmerkungen
zu drei Fragen::
 - Wie war es möglich,
dass in einem so armen Land eine so erfolgreiche Industrialisierung erfolgte?
Welche besonderen Bedingungen waren gegeben?
- Wo bestehen Unterschiede
in der Entwicklung in Baden und in Württemberg?
 - Wie wirkt sich die Geschichte
der Industrialisierung auf die Struktur der Wirtschaft im Südwesten
aus - und auf die landschaftliche Prägung?
 
  9. Anfänge
der Industrialisierung im 19. Jahrhundert: 
 Die Industrialisierung begann
in Baden und Württemberg relativ spät und anfangs ziemlich langsam.
Ein Grund dafür war die anfangs konservative und ablehnende Einstellung
zu Fabriken und Maschinen. Außerdem fehlte Kohle o.a. als Energie. 
Aber was sollte man machen
zum Überleben in den Notzeiten, bei dem zunehmenden Bevölkerungsdruck
und den immer kleineren Feldern? Man konnte nur verhungern, sich kärglich
durchschlagen, auswandern -
oder schaffen, produzieren, unternehmerisch tätig werden. Und das
letztere wurde dann noch unterstützt durch die Begabung zum Tüfteln
und Erfinden und durch das pietistische Arbeitsethos.
 Als die ersten Maschinen
aus England ins Land geschmuggelt wurden waren es Maschinen, die vor allem
die Textilherstellung revolutionierten: Spinnmaschinen, mechanische Webstühle,
Strickmaschinen.
 Da es in Baden und Württemberg
keine Kohle als Energielieferant gab (und deren Import unerschwinglich
teuer war, bis durch die verbesserten Schiffahrtswege und die Eisenbahn
Kohle billiger transportiert werden konnte); -
 
 so
blieb das Wasser als wichtigster Antriebs-und Energielieferant:
in Mühlen, Hammerwerken,als Wasserräder zum Antrieb der Maschinen
in fast jeder Fabrik. Die Industrieansiedlungen waren darum lange Zeit
ganz an die Wasserläufe gebunden. Erst später wurden dann auch
die wasserunabhängigen Dampfmaschinen eingesetzt, bis um die Jhrhundertwende
die Elektrizität zur Verfügung stand. [Bild (Briefmarke BRD, 1997): 
Schwarzwälder Wassermühle][Entwurf der Briefmarke: Otto Rohse]
 Neben der Textilindustrie
spielten in der Anfangszeit der Industrialisierung vor allem die Papiermaschinen
eine wichtige Rolle.
 10. Aufschwung
der Industrie im Königreich Württemberg ab 1840: 
 Der große Aufschwung
der Industrie wurde - jedenfalls in Württemberg - sehr stark durch
staatliche industriepolitische Initiativen verstärkt. König
Wilhelm I. war nicht nur an der Weiterentwicklung der Landwirtschaft
stark engagiert, sondern auch an der Unterstützung der neuen Unternehmen
durch finanzielle Unterstützungen, Ausbildung der Arbeiter (Industrieschulen,
Polytechnische Hochschulen), Wissenstransfer, Aufbau des Eisenbahnnetzes.
Die Gründung der Zentralstelle für Handel und Gewerbe 1848 mit
Ferdinand Steinbeis als Leiter war dabei
für die Industrieförderung besonders wichtig.
 So wurden im Königreich
Württemberg ab 1840 eine Reihe von Firmen gegründet, die zum
Teil Weltruhm erlangten, - und die, teilweise wenigstens, heute noch bestehen:
- 1846 die Maschinenfabrik
Esslingen
 - 1853 die Württ. Metallwarenfabrik
(WMF) in Geislingen
 - 1857 der Hohner-
Musikinstrumentenbau in Trossingen
 -
1859 die Spielwarenfabrik Märklin in
Göppingen
 - 1861 die Uhrenfabrik Junghans
in Schramberg
- 1867 die Firma Voith in
Heidenheim
 - 1872 die Mauser-Werke
in Oberndorf
 - 1873 die NSU-
Fahrradwerke in Neckarsulm
 - 1877 der Beginn des Filz-Näh-Geschäftes
Steiff
in Giengen
 - 1883 die Daimler-Motorenfabrik
in Cannstatt
 - 1887 die feinmechan. Werkstatt
von Robert Bosch in Stuttgart
 - 1891 die Schuhfabrik Salamander
in Kornwestheim
 - 1899 die Nahrungsmittelfirma
Knorr in Heilbronn.
 
 11. Entwicklung
im Großherzogtum Baden: 
 Im Großherzogtum Baden verlief
die Industrialisierung zunächst rascher und erfolgreicher als in Württemberg.
(Die erste mechanische Spinnerei Südwestdeutschlands wurde 1809 im
säkularisierten Kloster St. Blasien eingerichtet. - Die älteste
technische Hochschule Deutschlands wurde 1825 in Karlsruhe errichtet.)
Für die bessere Entwicklung
im Großherzogtum spielte es eine Rolle, dass Baden viel verkehrsgünstiger
lag als Württemberg mit seinen engen Tälern: In Baden bot die
Rheinebene einen hervorragenden Verkehrsweg, der dann auch noch durch einen
frühen Eisenbahnbau gut erschlossen wurde; Frankreich und die Schweiz
waren nahe Handelspartner; und mit Mannheim hatte Baden einen Großhafen,
um den sich bald große Industrien ansiedelten (siehe das Badnerlied:
"In Mannheim steht die Fabrik..."):
 - 1859 wurde in Mannheim
die Landmaschinenfabrik Lanz gegründet
 - 1865 wurde die Badische
Anilin- und Sodafabrik (BASF) in Mannheim gegründet.
 - 1883 wurde die Motorenfabrik
Benz
& Cie in Mannheim gegründet.
 In Baden gab es keine so
starke staatliche Unterstützung der Unternehmen wie in Württemberg;
hier war Baden liberaler als das fast noch merkantilistische Württemberg.
Dafür kamen nach Baden viele Unternehmer vor allem aus Frankreich
und der Schweiz mit Kapital und Unternehmensgründungen: Sie wollten
nach der Gründung des Deutschen Zollvereins
(1833ff) zumindest eine Filiale ihrer Firmen in einem Land Deutschlands
aufbauen, um von den Vorteilen des einheitlichen Zollgebietes profitieren
zu können. So gibt es aus jener Zeit eine ganze Reihe von Schweizer
und Französischen Firmen in Baden.
 Die geographische Lage Badens
war Chance und Verhängnis: Besonders nach 1871, als Elsaß-Lothringen
zum Deutschen Reich kam, war für Baden die Grenzlandsituation vorbei
und Baden lag mitten im Deutschen Reich, mit direktem Handelszugang zum
Elsaß.
Nach dem 1. Weltkrieg wurde
Baden seine Lage zum Verhängnis: Zunächst kam das Elsaß
1919 wieder zu Frankreich, Baden war also wieder Grenzland. Dazu wurde
Baden nach 1919 fast ganz von Frankreich besetzt. Die wirtschaftliche Entwicklung
Badens wurde dadurch enorm erschwert.
 Das wirtschaftliche Schwergewicht
hat sich danach immer stärker nach Württemberg hin verschoben.
 
 12. Industrialisierung
im 20. Jahrhundert:
 Im 20. Jahrhundert tritt
die Bedeutung der Textilindustrie, die lange Zeit "Leitindustrie" 
in Baden und Württemberg war, zurück. Neue Schwerpunkte sind
der Maschinenbau, und es dominieren zunehmend die Fahrzeug- und Luftfahrtindustrie
mit der notwendigen Zulieferer- und Reparaturindustrie.
 
 -
1902 entwickelt Bosch den elektrischen Magnetzünder [Bild (Stempel und Schmuckblatt 2002): 
Portrait Robert Boschs; 100 Jahre Magnetzünder; Zündkerze]
 
 - 1908 wird die Luftschiffbau
Zeppelin
in Friedrichshafen gegr.
 - 1909 werden die Maybach-Motorenwerke
gegründet
 - 1914 gründet C.Dornier
die Flugzeugwerke Friedrichshafen
 - 1926 entsteht die Daimler-Benz-AG in
Stuttgart
- 1931 entsteht die Porsche-AG
in Stuttgart.
 Räumlich lassen sich
9 Bereiche besonderer industrieller Dichte (oder: industrielle Ballungsräume)
ausmachen: In Baden die Wirtschaftsräume Mannheim-Heidelberg, Karlsruhe-Pforzheim,
Mittelbaden um Lahr und Offenburg, Hochrhein, Konstanz und Singen. In Württemberg
sind es das Industriegebiet Mittlerer Neckar um Stuttgart, Raum Reutlingen-
Balingen- Ebingen, Ravensburg und Friedrichshafen, Raum Aalen- Heidenheim.
 In Baden-Württemberg
bestehen eine ganze Reihe weltbekannter Firmen, die auch Großfirmen
sind (z.B. Bosch, Daimler; siehe dazu die Übersicht in der nebenstehenden
Spalte). Darüber hinaus ist die Industrie stark mittelständisch
geprägt, mit vielen kleineren Firmen, die auch außerhalb der
industriellen Ballungszentren tätig sind. Große und kleine Firmen
prägen den Charakter einer exportintensiven Verarbeitungs-, Veredelungs-,
und Qualitätsindustrie, die für Baden-Württemberg typisch
ist.
   
 
 
 13. 2003: Die 20 größten
Handelsunternehmen in Baden-Württ. (Stand 
2003)
 Die Rangfolge der nach Umsatz
im Jahr 2003 größten Handelsdunternehmen mit Sitz in Baden-Württemberg
ergibt folgendes Bild (wobei die Nr.1, Schwarz-Gruppe Neckarsulm, einen
Umsatz von ca. 30 Mrd. € ausweist und die Nr. 20, Heine- Gruppe Karlsruhe,
einen Umsatz von ca. 1 Mrd. €):
 1. Schwarz-Gruppe Neckarsulm
(Einzelhandel: Lidl, Kaufland)
2. Celesio, Stuttgart (Pharma)
 3. Phoenix, Mannheim (Pharma)
 4. Schlecker, Ehningen (Drogeriemärkte)
[der seit 2012 insolvent ist]
 5. Edeka Südwest, Offenburg
(Groß- und Einzelhandel)
 6. Würth, Künzelsau
(Schrauben, Befestigungstechnik)
 7. RIC, Ditzingen (Fachhandelskooperation)
 8. DM Drogeriemarkt, Karlsruhe
(Drogeriemärkte)
 9. Bauhaus- Gruppe Mannheim
(Baumärkte)
 10. Intersport, Heilbronn
(Sportartikel)
 11. Müller, Ulm (Drogeriemärkte)
12. Emil Frey, Stuttgart
(Fahrzeughandel)
 13. Fiat Automobil, Heilbronn
(Fahrzeughandel)
 14. Interpares Mobau, Karlsruhe
(Baustoffe)
 15. Zeppelin, Friedrichshafen
(Baumaschinenhandel)
 16. Der Kreis, Leonberg
(Einkaufsverbund)
 17. VKG Ver. Küchenfachhandel,
Pforzheim (Einkaufsverbund)
 18. Klingel, Pforzheim (Versandhandel)
 19. Schneidersöhne,
Ettlingen (Papierhandel)
 20. Heine Gruppe Karlsruhe
(Versandhandel)
 (Rangreihe der Spitzenreiter
nach der Stuttgarter Zeitung vom 31.7.2004)
 [Rangreihe
der 50 größten Industriekonzerne: siehe linke Spalte] |