Manfred Ebener: WappenLexikon Geschichte Baden+Württembergs u.a.:
Zeittafel / Überblick: Das 19. Jahrhundert (1800 - 1899)

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Zeittafel / Überblick zur Deutschen Geschichte insgesamt:
Das 19. Jahrhundert (1800 - 1899)

In der linken Spalte sind einige Daten zur politischen Geschichte in Deutschland im 19. Jahrhundert zusammengestellt.

Daten mit besonderem Bezug zu Südwestdeutschland sind in dieser Spalte kursiv gesetzt.
(Ein ausführlicherer Überblick über das 19. Jahrhundert in Württemberg und Baden s.
Württemberg: Königreich Württemberg (1806 - 1918) und Baden: Zeit des Großherzogtums Baden (1806 - 1918/19).)

In der rechten Spalte finden Sie einige Stichworte zur Sozial- und Kulturgeschichte im 19. Jahrhundert. Außerdem eine Auflistung wichtiger Persönlichkeiten aus Südwestdeutschland im 19. Jahrhundert.


Übersicht über die Daten zur politischen Geschichte

I. Zeitalter Napoleons (1800 - 1814)

II. Zeit der Restauration und Vormärz (1815 - 1847)
III. Revolution und Nationalversammlung (1848/49)
IV. Auf dem Weg zum Nationalstaat; Bismarck (1849 - 1870)
V. Krieg gegen Frankreich und deutsche Reichsgründung (1870/71)
VI. Kaiserreich; Bismarck, Kaiser Wilhelm II. (1871 - 1899 / 1918)
VII. Länderkarte des Deutschen Bundes ab 1815, des Norddeutschen Bundes ab 1867 und des Kaiserreiches ab 1871
VIII. Literaturhinweise

Zeittafel / Überblick zur Deutschen Geschichte:
Das 19. Jahrhundert (1800 - 1899)

In der linken Spalte sind einige Daten zur politischen Geschichte in Deutschland im 19. Jahrhundert zusammengestellt. Daten mit besonderem Bezug zu Südwestdeutschland sind kursiv gesetzt.
In der rechten Spalte finden Sie einige Stichworte zur Sozial- und Kulturgeschichte im 19. Jahrhundert. Außerdem eine Auflistung wichtiger Persönlichkeiten aus Südwestdeutschland im 19. Jahrhundert.

A. Übersicht über die Stichworte zur
Kulturgeschichte, Sozialgeschichte, Wirtschaftsgeschichte


1. Kultur- und Geistesgeschichte
2. Bevölkerungsentwicklung
3. Die Industrialisierung
4. Wandel der Gesellschaftsstruktur
5. Kirchen und Soziale Fragen

B. Personen und Ereignisse in Südwestdeutschland im 19. Jhdt.

I. Zeitalter Napoleons (1800 - 1814)

Vorgeschichte:
1789: Französische Revolution:
- Revolution für "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" zuerst in Paris;
- Eroberungen durch Frankreich, auch unter General Napoleon

1792: Beginn der  Koalitionskriege vor allem zwischen Österreich, Preußen und Frankreich


Napoleon1802: Der General und Erste Konsul Frankreichs Napoleon Bonaparte läßt sich durch Senatsbeschluss zum Konsul auf Lebenszeit ernennen

1802ff: Napoleon überfällt und besiegt viele Länder in Europa und setzt meist seine Verwandten zu Königen o.ä. ein (z.B. Holland, Spanien, Neapel, Westfalen)

[Bild (Briefmarke Frankreich, 1972): Napoleon bei der Arcola-Brücke]

1803: Reichsdeputationhauptschluß: Beschlossen wird eine Entschädigung der Fürsten, die linksrheinische Gebiete an Frankreich verloren haben; dabei auch Säkularisation, Mediatisierung von Städten und Fürstentümern

1805: Britischer Seesieg über eine Französisch-Spanische Flotte bei Trafalgar sicherte die Britische Vormacht zur See (Admiral Nelson starb dabei bei Trafalgar).

1805: In der Schlacht bei Austerlitz siegt Napoleon über die Armeen des Österreichischen Kaisers Franz II. und des russischen Zaren Alexander I. (Dreikaiserschlacht)

1805. Auf Druck Napoleons gibt Preußen unter König Friedrich Wilhelm III. von Preußen Preußens Neutralität auf und schließt ein Bümdnis mit Frankreich

1806: Nach dem Frieden von Preßburg (1805) werden die bisherigen Kurfürstentümer Bayern und Württemberg zu souveränen Königreichen erhoben; Baden wird Großfürstentum.

1806: Gründung des Rheinbundes, dem sich die meisten Süd- und Mitteldeutschen Staaten anschließen, durch Napoleon

1806: Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation: Kaiser Franz II. von Österreich, zuletzt auch Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, legt am 6.8.1806 (nach einem Ultimatum Napoleons) die Krone nieder und erklärt das Gesamtreich für erloschen.

1806: Vierter Koalitionskrieg vor allem Preußens gegen Frankreich.
In den Schlachten bei Jena und Auerstedt (am 14.6.1806) schlagen die Franzosen das preußisch-sächsische Heer vernichtend.. - Anschließend marschiert Napoleon auch in Berlin ein.

1807: Preußische Reformen: Freiherr von Stein wird auf Empfehlung Napoleons Leitender Minister in Preußen. Er setzt grundlegende gesellschaftliche Reformen durch: Bauernbefreiung (bisherige untertänige Bauern werden in Preußen freie Landwirte), Beseitigung der Steuerprivilegien des Adels, Städteordung (Einführung der kommunalen Selbstverwaltung).
Auch die Humanistische Bildungs- und Universitätsreform durch Wilhelm von Humboldt gehört zu diesen Reformen. (Humboldt-Universität in Berlin.)
1812 erhalten die Juden in Preußen die bürgerliche Gleichberechtigung

1807 beginnt der Freiheitskampf in Preußen, zunächst angeregt durch einen Kampfaufruf des preußischen Generalleutnants Blücher und dann befolgt von vielen Freischärlern (z.B. der Lützower Jäger)

1812: Gescheiterter Rußlandfeldzug Napoleons

1813 beginnen dann die offiziellen Befreiungskriege Preußens gegen Napoleon

1813: Völkerschlacht bei Leipzig: Eine Koalition von Österreich, Russland, Preussen u.a. besiegt in der "Völkerschlacht" Napoleon und seine Verbündeten (wie Württemberg und die anderen Rheinbundstaaten). Daraufhin wechseln Württemberg, Baden u.a. die Fronten und kämpfen auf Seiten der Koalition gegen Napoleon. Napoleon wird bis Paris verfolgt und er muß abdanken.
Der Rheinbund wird aufgelöst.
Zur Erinnerung an die entscheidende Völkerschlacht bei Leipzig im Jahr 1813 wird 1913 das Völkerschlachtdenkmal bei Leipzig errichtet.

[Bild (Briefmarke DDR, 1988): Völkerschlachtdenkmal Leipzig, errichtet 1913 zur Erinnerung an die Völkerschlacht bei Leipzig 1813]

1814, im April 1814, ist die Herrschaft Napoleons zu Ende: Napoleon wird auf die Insel Elba verbannt.

Bald beginnen mit den Großmächten die ersten Verhandlungen des Wiener Kongresses zur Neuordnung Europas nach der Zeit Napoleons.

1815 kehrt Napoleon von Elba nach Frankreich zurück. Er sammelt eine große Schar Getreuer und will die Herrschaft wieder übernehmen. ("Herrschaft der hundert Tage".) In der Schlacht bei Waterloo (Belle Alliance, in der Nähe von Brüssel) wird die Französische Armee unter Napoleon entscheidend geschlagen, und zwar durch ein Britisches Heer unter Wellington und ein Preußisches unter Blücher.
Napoleon wird nun endgültig verbannt, diesmal nach St. Helena, wo er 1821 stirbt..

1. Kultur- und Geistesgeschichte:

Romantik:
Nach der Klassik und dem Idealismus und im Gegensatz zur Betonung des Verstandes in der Aufklärung entfaltet sich Anfang des 19. Jhdts. die Richtung der Romantik  in der Literatur, Malerei, Musik, Philosophie, Theologie (seit 1790).

EichendorffBesondere Bedeutung hatte für die Romantiker auch die "Heidelberger Romantik": In der Universitätsstadt Heidelberg trafen sich 1806 - 1808 Achim von Arnim, Clemens von Brentano und Joseph von Eichendorff

[Bild (Briefmarke BRD, 1957): 100. Todestag Joseph von Eichendorffs; Einspännige Kutsche vor Eichenblättergrund, soll die Romantik versinnbildlichen]
[Entwurf der Briefmarke: Willberg]

Einige der Vertreter der schwäbischen Dichterschule lassen sich der Romantik zurechnen, so z.B. Ludwig Uhland und Eduard Mörike (als "Spätromantiker").

Eine Frucht der Romantik war das Interesse an der Geschichte des Mittelalters, der geheimnisvollen dunklen Zeit. Und an den Anfängen der deutschen Nation, des deutschen Volkes. Volksmärchen und Volkslieder wurden entdeckt und gesammelt..

Humanistische Bildungsreform:
Die Reform der Universitäten und des Unterrichtswesens geht vor allem auf Wilhelm von Humboldt zurück 1809 wurde er von Freiherr zu Stein zum Leiter des Bildungs- und Unterrichtswesens im Innenministeriums in Preußen berufen, Dort ist vor allem die Humboldt-Universität in Berlin und die Gründung des Humanistischen Gymnasiums mit seinem Namen und mit seinen Ideen verbunden.

[Bild (Briefmarke Berlin, 1985): 150. Todestag des Gelehrten und Staatsmannes Wilhelm von Humboldt (1767 - 1835)]
[Entwurf der Briefmarke: Görs]

"Biedermeier" und Bildungsbürgertum:
In und nach der Zeit der Romantik spricht man häufig von der Zeit des "Biedermeier": In der Zeit des "Biedermeier" (seit der Entpolitisierung durch die Karlsbader Beschlüsse von 1819) entwickelt sich das stärker auf das häusliche Leben und die humanistische u.a. Bildung reflektierende "Bildungsbürgertum".

Revolutionäre Strömungen auch im Vormärz:
Im Vormärz erhielten und entwickeln sich aber auch trotz aller Unterdrückung revolutionäre Gedanken: der Liberalismus, der Nationalismus und später des Sozialismus und Kommunismus (Kommunistisches Manifest von Karl Marx 1848).

Öffentlich erkennbar waren diese revolutionären Strömungen etwa
- 1817 beim Wartburgfest der revolutionären Burschenschaften;
- 1832 beim Hambacher Fest; und

- 1837 beim Protest der "Göttinger Sieben";

[Hinweis auf eine neuere BRD-Briefmarke, erschienen 2012): 175 Jahre Göttinger Sieben; Portraits der 7 Göttinger Professoren, die 1837 gegen die Aufhebung der liberalen Verfassung durch den König von Hannover protestierten und dafür entlassen wurden und z.T. aus dem Land verwiesen wurden:  die Professoren Gervinus, Albrecht, Ewald, Dahlmann, Weber, W.Grimm, J.Grimm] [Entwerfer der Briefmarke: Klein, Stefan und Neumann, Olaf]

Hoffmann von Fallersleben- 1841 bei der Veröffentlichung des Deutschlandliedes durch Hoffmann von Fallersleben, in dessen 3.Strophe er von der notwendigen "Einigkeit und Recht und Freiheit für das Deutsche Vaterland" schreibt.
(Hoffmann von Fallersleben war übrigens wegen seiner revolutionären Gesinnung in verschiedenen Ländern in Deutschland etwa 39 mal aus einer Stellung als Professor an verschiedenen Universitäten u.a. entlassen und verfolgt worden, ehe er gegen Ende seines Lebens eine Stelle als Bibliothekar in der fürstlichen Klosterbibliothek in Corvey erhielt.)

[Bild (Briefmarke BRD 1991): 150 Jahre Deutschlandlied; rechts der 3. Vers des Deutschlandsliedes, links Portrait von Hoffmann von Fallersleben (1798 - 1874)] [Entwerfer der Briefmarke: Graschberger]

- 1848 beim antikapitalistischen Konzept des Sozialismus und Kommunismus bei der Veröffentlichung des Kommunistischen Manifests durch Karl Marx und Friedrich Engels im Jahr 1848 (ehe dann 1867 Marx, nach der Emigration nach England, den 1. Teil seiner Hauptschrift "Das Kapital" veröffentlichte).

[Bilder (rechts: Briefmarke Reinland-Pfalz 1947): Portrait des1818 in Trier geborenen Karl Marx, Journalist, Privatgelehrter, bedeutendster Theoretiker des Sozialismus) (links: Briefmarke DDR 1983: Karl Marx-Jahr 1983 zum 100. Todesjahr von Karl Marx: Portraits von Marx und Engels und Deckblatt des "Manifests der Kommunistischen Partei" von 1848]
[Entwurf der rechten Briefmarke: V.K. Jonynas; der linken Briefmarke: Gottschall]

In der Literatur wurde vor allem bei den Dichtungen des "Jungen Deutschland" radikaldemokratische und z.T. schon sozialistische Töne angeschlagen. Manche mussten bald wegen drohender Verfolgung aus Deutschland emigrieren (z.B. Heinrich Heine und Georg Büchner, der in dem "Hessischen Landboten" das Motto vertrat: "Friede den Hütten, Krieg den Palästen".)

(PS: In der Zeit des Vormärz waren manche Vereinsgründungen und auch manche Karnevalsgesellschaften und Karnevalsumzüge vor allem eine Tarnung revolutionärer Ideen.)


2. Bevölkerungsentwicklung: Im 19. Jahrhundert erfolgt eine starke Zunahme der Bevölkerung, teils verbunden mit Missernten und dramatischen Hungersnöten (z.B. 1816). Dies war mit ein Grund für die starke Auswanderung nach Osteuropa und Amerika (s. extra Artikel "Auswanderung ").


3. Die Industrialisierung entwickelt sich im 19. Jahrhundert auch in Deutschland (nach England): mit der Entwicklung auch der Schwerindustrie, der Fabriken (s. extra Artikel "Industrialisierung"), der Wissenschaftlich-Technischen Erfindungen; mit der Erfindung des Fahrrads durch Karl Drais, mit der Einführung der Eisenbahn (s. extra Artikel "Eisenbahn"; 1. Eisenbahn in Deutschland seit 1837), der Dampfschiffe, des Autos (durch Daimler, Benz, auch Bosch), der Luftfahrt (durch Zeppelin).


4. Wandel der Gesellschaftsstruktur: 1807 wurde durch die Steinschen Reformen in Preußen die Bauern aus ihrer Abhängigkeit befreit.

[Bild (Briefmarke DDR, 1953): Serie Deutsche Patrioten: Freiherr von Stein, Pergamentrolle mit einigen seiner Anordnungen]
[Entwurf der Briefmarke:  Bruno Bade + Kurt Eigler]

Im Zuge der Industrialisierung entsteht später vor allem in den Zentren der Industrialisierung neben der Gruppe der erfolgreichen Unternehmer und auch der Angestellten die große Gruppe des Arbeiterproletariats, das große Problem der "Sozialen Frage".

II. 1815 - 1847: Zeitalter der Restauration und Vormärz

1814/1815: Wiener Kongress zur Neuordnung Europas nach der Zeit Napoleons und zur Wiederherstellung der vorrevolutionären politischen Zustände. Das stärkste Gewicht beim Kongress hatte Klemens Fürst von Metternich, der Außenminister Österreichs.

[Bild (Briefmarke Österreich, 2015): 200 Jahre Wiener Kongress. - Auf dem Markenbild Gesandte des Kongresses, vorne links stehend Fürst Metternich.}

1815: Gründung des Deutschen Bundes, Staatenbund als Zusammenschluss der souveränen deutschen Fürsten und freien Städte. Oberste Behörde ist der in Frankfurt tagende Bundestag - (Zu diesem Deutschen Bund gehört 1815 auch noch Österreich-Ungarn dazu, einschließlich Böhmen und Mähren.)

1815: Gründung der Heiligen Allianz: Der preußische König Friedrich Wilhelm III., Kaiser Franz I. von Österreich und Zar Alexander I. von Rußland schließen die antiliberale "Heilige Allianz"

1816 - 1864: Wilhelm I. König von Württemberg; Königin Katharina

1817: Wartburgfest 1817: Auf dem Erinnerungsfest auf der Wartburg protestieren über 500 Studenten und Professoren für eine liberale und patriotische Politik und gegen das reaktionäre "System Metternich"

1818: Badische Verfassung, liberalste in Deutschland

1819: Karlsbader Beschlüsse: Als Reaktion auf die Ermordung des Schriftstellers Kotzebue durch den Studenten Sand formulieren Preußen und Österreich Maßnahmen zur Unterdrückung der nationalen und liberalen Bewegung. Diese Maßnahmen werden von der Bundesversammlung 1819 einstimmig gebilligt.

1819: Verfassung im Königreich Württemberg

1830: Julirevolution im Paris

Hambacher Fest1832: Hambacher Fest: liberal-demokratische Kundgebung mit etwa 30000 Teilnehmern.

[Bild (Briefmarke BRD, 1982): 150 Jahre Hambacher Fest; Zug 1832 auf Schloss Hambach]
[Entwurf der Briefmarke: Karl Oskar Blase]

1833: Nach dem Hambacher Fest Verbot aller politischen Versammlungen auch in Baden und Württemberg

5. Kirchen und Soziale Fragen im 19. Jahrhundert: Die katholische und die evangelische Kirche hatten im 19. Jahrhundert trotz der begonnenen Säkularisierung weiterhin eine zentrale Bedeutung für die Bevölkerung.

In der katholischen Kirche wurde die Dogmatik durch die Verkündigung des Unfehlbarkeitsdogmas für den Papst auf dem Vatikanischen Konzil 1870 noch einmal befestigt (s. dazu Artikel über die Konzilien). Eine Folge davon war auch der von Bismarck initiierte "Kulturkampf" mit der Unterdrückung der Katholischen Kirche vor allem in Preußen.

In der evangelischen Kirche herrschte, zumindest in Württemberg, neben der Erweckungsbewegung ein sehr rigider Pietismus, wie er etwa durch Prälat Sixt Karl von Kapff personifiziert war. (Daneben gab es aber auch an den evang. theologischen Fakultäten Vertreter einer historisch kritischen Theologie wie z.B.
F. C. Baur oder David Friedrich Strauß.)

Herausgefordert durch die sozialen Fragen des Jahrhunderts entwickelten beide Kirchen starkes soziales Engagement. Auf katholischer Seite steht dafür der Name Kolping und die Gründung des Caritas. Auf evangelischer Seite der Name Wichern und von Bodelschwingh mit den vielen Einrichtungsgründungen für Waisen, Arme und Behinderte und der Gründung der "Inneren Mission" (1849), später "Diakonisches Werk".

G. WernerAuch in Baden und Württemberg wurden viele diakonische Einrichtungen im 19. Jahrhundert gegründet, z.B. die Einrichtungen zum Bruderhaus in Reutlingen mit seinen vielen Zweigeinrichtungen, begründet von Gustav Werner im Jahr 1849.

 

 

[Bild (Briefmarke Württemberg, 1949):  100 Jahre Stiftung Zum Bruderhaus in Reutlingen, 1849; Portrait Gustav Werner]

 

III. 1848 / 1849: Revolution und Nationalversammlung in Frankfurt

(s. extra Artikel: Achtundvierzig, 1848/1849  und Deutsche Nationalversammlung)

Revolution 184818. 3.1848: Märzrevolution in Berlin

[Bild (Briefmarke DDR, 1953): Deutsche Patrioten - Revolution 1848: Barrikadenkampf während der Revolution 1848 auf den Straßen in Berlin.]
[Entwurf der Briefmarke: K.Eigler und K. Bade]


 

18. 5.1848: Deutsche Nationalversammlung in Frankfurt

[Hinweis auf eine neuere BRD-Briefmarke, erschienen 1998): 150 Jahre Nationalversammlung in Frankfurt, 150 Jahre Paulskirchenverfassung; Eröffnungssitzung der Nationalversammlung am 18.5.1848 in Frankfurt] [Entwerfer der Briefmarke: Wulff, Ingo]

Mai   1849: Aufstände in Baden und der Pfalz;
                
Mai   1849: Aufstand in Sachsen / Dresden
                 (mit Richard. Wagner auf den Barrikaden, der danach fliehen musste)

03  7.1848: Dt. Nationalversammlung berät Grundrechte

06. 6.1849: Nationalversammlung geht nach Stuttgart
18. 6.1849: Rumpfparlament in Stuttgart von Truppen Württembergs gewaltsam
                 aufgelöst

B. Einige wichtige Personen und Ereignisse mit Bezug zu Südwestdeutschland im 19. Jahrhundert

(hier aufgelistet nach den Geburtsjahren, nicht den Wirkungsjahren)

1776 - 1812: Gottlieb Schick, klassizist.Maler (* Stuttgart)

1780 - 1807: Karoline von Günderode, Dichterin (* Karlsruhe)
1780 - 1849: Conradin Kreutzer, Komponist (* Meßkirch)
1785 - 1841: J.H. Dannecker, Bildhauer (* Waldenbuch)
1786 - 1862: J. Kerner, Dichter, Arzt (* Ludwigsburg))
1787 - 1862: Ludwig Uhland, Dichter, Politiker (* Tübingen)
1789 - 1860: Friedrich Silcher, Musikpädagoge (* Schnait)
F.List1789 - 1846: Friedrich List, Ökonom (* Reutlingen)

[Bild (Briefmarke 1989): Friedrich List, Ökonom; Vorkämpfer für die Zollunion und für die Eisenbahn; Eisenbahnzug]
[Entwurf der Briefmarke: Dieter von Andrian]




1792 - 1860: F. C. Baur, ev. Kirchengeschichtler (* Schmiden)
1792 - 1850: Gustav Schwab, Pfarrer und Dichter (* Stgt.)
1798 - 1864: Albert Knapp, Pfarrer, Liederdichter (* Tübingen)
1799 - 1868: Christian F. Schönbein, Chemiker (* Metzingen) 

IV. Auf dem Weg zum Deutschen Nationalstaat (1849 - 1870)

Die treibende Kraft dieser Jahrzehnte war Otto von Bismarck, einer der umstrittensten Politiker des 19. Jahrhunderts: "Diplomat, Kriegstreiber, Reichsgründer" (so die Kurzfassung eines GEO- Epoche-Heft über Bismarck)

[Bild (Briefmarke BRD, 1965): 150. Geburtstag Otto von Bismarcks, Ministerpräsident, Gründer des 2. Deutschen Reiches]
[Entwurf der Briefmarke: Gerhardt]

1862 wird Bismarck Preußischer Ministerpräsident

1864: Deutsch-Dänischer Krieg: Preußen und Österreich kämpfen gemeinsam siegreich gegen Dänemark, das sich Schleswig einverleiben wollte. In der Folge kam es zum Streit zwischen Preußen und Österreich wegen der Verwaltung Schleswigs und Holsteins. Es kommt zum Deutsch-Deutschen Krieg zwischen Österreich und Preußen.

1866: In der Schlacht bei Königgrätz besiegt Preußen Österreich. (Damit ist die "kleindeutsche Lösung", also eine deutsche Nation um Preußen ohne Österreich, näher gerückt)

1866/67: Bismarck schmiedet den "Norddeutschen Bund", in dem fast alle Norddeutschen Fürstentümer vertreten waren: 25 bisher ziemlich selbständige Herzogtümer und Freie Städte. (Nicht vertreten waren die ehemaligen Rheinbundstaaten, vor allem die Südstaaten wie Württemberg, Baden, Bayern, Hessen, die noch auf der Seite Österreich-Ungarns standen. - s. unten die Karte.)

[Hinweis auf eine neuere BRD- Briefmarke, erschienen, 2017): 150. Jahrestag der Gründung des Norddeutscher Bundes. Abgebildet ist das große Staatssiegel mit den Wappen von 22 Mitgliedsstaaten des Norddeutschen Bundes.] [Entwurf der Briefmarke: Klein, Stefan und Neumann, Olaf]

Norddeutscher BundDieser Norddeutsche Bund hatte eine gemeinsame Regierung, eine Zollunion, auch eine gemeinsame Postunion.

[Bild (Briefmarke BRD 1968): 100 Jahre Norddeutscher Postbezirk; Briefmarken Nr. 4 und 10 des Norddeutschen Postbezirks von 1868]
[Entwurf der Briefmarke: Stelzer]

Der Norddeutsche Bund war also sehr viel verbindlicher als der Deutsche Bund von 1815 (in dem allerdings Österreich-Ungarn noch mit dabei war).
Bundespräsident des norddeutschen Bundes war der König von Preußen. Der Bundeskanzler wurde vom König von Preußen ernannt, seit 1866 war es Bismarck. Wichtige Organe waren der Bundesrat der Fürsten und der gewählte Reichstag.
Der Norddeutsche Bund bestand allerdings nur 3 Jahre. Er wurde dann aber zum Vorläufer des Deutschen Kaiserreiches von 1870/71.

1866: Preußen bekämpft und besiegt Württ.Truppen, die noch auf der Seite Österreichs waren, in der Schlacht bei Tauberbischofsheim.

1802 - 1827: Wilhelm Hauff, Dichter (* Stuttgart)
1804 - 1875: Eduard Mörike, Dichter (* Ludwigsbg..)
1805 - 1880: J. Christoph Blumhardt, evang. Pfarrer (* Stgt.)
1806 - 1808 Aufenthalt: Heidelberger Romantiker (Arnim, Brentano,
Eichendorff)
1807 - 1887: Fr. Theodor Vischer, Ästhetiker (* Ludwigsbg.)

1808 - 1874: David Friedrich Strauß, Theologe (* Ludwigsbg.)
1808 ff: Schwäbische Dichterschule der Romantik
1809 - 1887: Gustav Werner, ev. Theologe (* Zwiefalten)

1811: Flugversuch von Albrecht Ludwig Berblinger in Ulm
1812: Württembergische Bibelanstalt in Stuttgart gegründet
1812 - 1882: Berthold Auerbach, Dichter (* Nordstetten)
1814 - 1878: Julius Robert Mayer, Physiker (* Heilbronn)
1815 - 1890: Karl Gerok, Liederdichter (* Vaihingen)
1817: Laufrad, Draisine von K. Drais erfunden (Gengenbach)
1817 - 1875: Georg Herwegh, Dichter (* Stuttgart)
1817 - 1868: Wilhelm Griesinger, Psychiater (* Stuttgart)

1825: Polytechnikum  Karlsruhe gegründet

1834 - 1900: Gottlieb Daimler, Autobauer(* Schorndorf)
1836 - 1906: Max Eyth, Ingenieur, Dichter (* Kirchheim)
1838 - 1917: Ferdinand Graf von Zeppelin (* Konstanz)
1839 - 1924: Hans Thoma, Maler (* Bernau)

1844 - 1929: Carl Benz, Autobauer (* Karlsruhe)
1846 - 1929: Wilhelm Maybach, Autobauer (* Heilbronn,.)
1849: Gustav-Werner-Stiftung in Reutlingen gegründet

V. 1870/71: Siegreicher Krieg der vereinigten deutschen Länder gegen Frankreich und Gründung des Deutschen Kaiserreichs in Versailles am 18. Januar 1871

Als Auslöser für den Krieg zwischen Frankreich und Deutschland spielte die "Emser Depesche" eine große Rolle: Bismarck hatte ein Gespräch zwischen Deutschen und Franzosen, in dem es darum ging, dass kein Hohenzollernprinz spanischer König werden sollte (wodurch sich Frankreich von den Hohenzollern eingekreist gefühlt hätte) mit Absicht zugespitzt verändert und veröffentlicht. Frankreich fühlte sich dadurch beleidigt und provoziert und erklärte dem Norddeutschen Bund den Krieg. (Bismarck hatte auch damit kalkuliert, dass gegen den "Außenfeind" auch die Süddeutschen Länder sich mit den Norddeutschen Ländern verbünden würden, was auch geschah.)

Nach der Kriegserklärung durch Frankreich siegten die deutschen Truppen unter Moltke sehr rasch fast überall über die Franzosen: Bei Metz, bei Paris, vor allem bei Sedan. (Dort wurde auch der französische Kaiser Napoleon III. von den Deutschen festgenommen und er kapitulierte.)

1871: Beim Friedensschluss am Ende des Krieges zwischen den vereinigten deutschen Ländern unter Bismarck und dem unterlegenen Frankreich wurde einmal festgelegt, dass Elsass-Lothringen einschließlich Strassburg, das bisher zu Frankreich gehört hatte, nun zu den deutschen Ländern, nahe zu Baden, Rheinland-Pfalz u.a. gehörte. (Beim Friedensschluss in Frankfurt wurde Elsass-Lothringen als "Reichsland Elsaß-Lothringen" ins deutsche Reich  integriert. Der Rhein war danach nicht mehr im Süden Grenze zwischen Baden in Deutschland und Frankreich. - Diese Zugehörigkeit änderte sich erst wieder nach dem 2. Weltkrieg, als Elsass-Lothringen wieder zu Frankreich kam.)
Außerdem wurden im Friedensschluss 1871 Frankreich große Reparationszahlungen von vielen Millionen von Deutschland auferlegt. (Von den Zahlungen wurde zum großen Teil in Deutschland der Wirtschaftsboom der "Gründerjahre" (nach 1871) finanziert.) (Diese Reparationszahlungen waren wohl das Modell dafür, wie Deutschland 1918 im Versailler Vertrag mit Reparationszahlungen von den Franzosen u.a. "bestraft" wurde.)

1871: Gründung des - von Bismarck planmäßig vorbereiteten - Deutschen Kaiserreichs unter Beteiligung der Nord- und Süddeutschen Länder mit der Krönung des Preußischen Königs zum Kaiser Wilhelms I. in Versailles (in Frankreich !) am 18.Januar  1871

[Bild (Briefmarke BRD, 1971): 100. Jahrestag der Reichsgründung von 1871; Abbildung: Reichsadler mit großem Brustschild und Kaiserkrone]
[Entwurf der Briefmarke: Stanik]


 


VI. 1871 -  1899 / 1918: Deutsches Kaiserreich:
Entwicklungen im Kaiserreich

1871: Beginn des "Kulturkampfs" mit der Unterdrückung der Katholischen Kirche initiiert durch Bismarck vor allem in Preußen.
(Der Kulturkampf wurde 1876 beendet. Eine Gegenreaktion war die enorme Stärkung der katholischen Partei des Zentrums auch in den folgenden Wahlen.)

1875: Gründung der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands, einer Vereinigung des 1863 durch Ferdinand Lasalle gegründeten Allg. Deutschen Arbeitervereins und der 1869 durch August Bebel und Wilhelm Liebknecht gegründeten Sozialdemokratischen Arbeiterpartei.

1878: "Sozialistengesetz" im Reichstag auf Initiative Bismarcks verabschiedet, ein radikales Verbot der Sozialisten.

1883: Erste Sozialgesetze durch den Reichstag beschlossen (initiiert ebenfalls durch Bismarck): Gesetz zur Krankenversicherung (später ergänzt durch Unfall - Alters- und Invalidengesetze)

1884: Beginn der Deutschen Kolonialpolitik, durch den staatlichen Schutz von Deutsch-Südwestafrika (ein Beispiel der zunehmend imperialistischen Politik auch des Deutschen Kaiserreichs)

1888: "Dreikaiserjahr": Kaiser Wilhelm I. stirbt. Sein Sohn und Nachfolger stirbt nach 99 Tagen. Nachfolger wird sein Sohn Wilhelm II, der bis 1918 im Amt ist.

1890: Bismarck tritt zurück bzw. wird von Kaiser Wilhelm II. entlassen.

1898: Erstes Flottengesetz im Deutschen Kaiserreich (Tirpitz), durch das Deutschland mit den Seemächten England und USA gleichziehen wollte.


1914 - 1918: Erster Weltkrieg (1914 - 1918)

1918, am Ende des 1. Weltkrieges, endet das Deutsche Kaiserreich mit der "Entlassung" des Kaisers und der Errichtung der Weimarer Republik

1851 - 1917: Wilhelm Trübner, Maler (* Heidelberg)

1861 - 1942: Robert Bosch (* Albeck bei Ulm)
1869 - 1941: Hans Spemann, Zoologe (* Stuttgart, + Freiburg)

1872 - 1942: Richard Willstätter, Chemiker (* Karlsruhe)
1877 - 1962: Hermann Hesse, Dichter (* Calw)
1878 - 1955: Carl Hofer, Maler (* Karlsruhe)
1879 - 1955: Albert Einstein, Physiker (* Ulm)

1886: Entwicklung des Autos durch C. Benz und Gottlieb Daimler
1888 - 1958: Ernst Heinkel, Flugzeugbauer (* Grunbach)

1895: Deutsche Schillergesellschaft in Marbach gegründet
1897: Caritas- Verband in Freiburg gegründet

Dürr, Eckener, Zeppelin1900: Graf Zeppelin unternimmt die ersten Versuchsfahrten mit einem Luftschiff am Bodensee

[Bild (Briefmarken-Block Obervolta, 1976): 75 Jahre Luftschiff Zeppelin; Portraits von Dr. Dürr, Graf Zeppelin, Dr. Eckener; Luftschiff über dem Bodensee; Luftschiff- Halle; Luftschiff- Motor]

   

VII. Karte mit den Ländern des Deutschen Bundes ab 1815, des Norddeutschen Bundes ab 1867 und des Deutschen Kaiserreichs ab 1871

(Karte nach dem Atlas zur Geschichte Band 1, VEB Haack, Karthographische Anstalt Gotha/Leipzig, 1981)

 
VIII. Literaturhinweise:

Jürgen Osterhammel: Das 19. Jahrhundert (Deutschland, Europa und die Welt 1800 - 1850, 1850 - 1880, 1880 - 1914).
Informationen zur politischen Bildung Nr. 315, 2012

Div.: Otto von Bismarck 1815 - 1898. Diplomat, Kriegstreiber, Reichsgründer. Der erste Kanzler und die Entstehung des deutschen Nationalstaats. GEO Epoche Nr. 52, 2011

Div.: Das deutsche Kaiserreich. 1871 bis 1914: Der Weg in die Moderne.
Der Spiegel Geschichte Nr. 3/2013

Literaturhinweis:

Div.: Die Deutsche Romantik. Traum und Schwärmerei, Fürstenmacht und Freiheitswkampf: Das Werden einer Nation 1789 - 1848.
GEO Epoche Nr. 37, 2009

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Geschichte Württembergs 3: Königreich Württemberg (1806 - 1918)
Geschichte Württembergs 4: Republik Württemberg (1918 - 1945)
Baden + Württemberg von 1945 bis zum Südweststaat 1952
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© Manfred Ebener / info@manfred-ebener.de / Lexikon Geschichte Baden-Württemberg: Zeittafel / Überblick: Das 19. Jahrhundert/ letzte Änderung: 15.11.2020